Ein "Blocker" lässt Tumore schrumpfen PDF Print E-mail
Ein "Blocker" lässt Tumore schrumpfen

haz_logo.gif22.09.1999. Kampf gegen Krebs: Ein hannoverscher Forscher hat ein NEUES MEDIKAMENT entwickelt, das die Resistenz gegen Chemotherapien verhindert.

Hoffnung für Krebskranke: Der hannoversche Wissenschaftler Prof. Rudolf Fahrig hat ein Medikament entwickelt, das Abwehrreaktionen von Krebspatienten bei Chemotherapien stoppt. "Krebstherapien" scheitern fast immer daran, dass die Kranken im Verlauf der Behandlung unempfindlich gegen die Medikamente werden", sagt der Leiter der Abteilung Genetik im hannoverschen Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Aerosolforschung.

Obwohl dieses Problem seit den Anfängen der Chemotherapie bekannt sei, gebe es bislang weltweit keine wirksamen Medikamente dagegen. Wenn seine patentierte und nach eigenen Angaben in Tierversuchen ungewöhnlich erfolgreiche Substanz namens Bromovinyldeokyuridin (BVDU) beim Menschen wirke, werde die Chemotherapie "auf eine neue Basis gestellt", hofft er. Ende Oktober bekommt Fahrig für seine Arbeit den mit 10 000 Mark doktierten Fraunhofer-Preis verliehen.

Der 58-jährige Wissenschaftler sucht seit 1984 nach einer künstlichen Substanz, mit der man Krebs - und speziell Resistenzen gegen Chemotherapie - verhindern kann. Fast zehn Jahre lang habe er sich "wild durch den Chemikalienhandel" getestet, bis er etwas gefunden hatte, das die Voraussetzungen für einen "Blocker" erfüllte. Charakteristisch für einen mit einem Krebsmedikament "beschossenen" bösartigen Tumor sei folgende Reaktion: Eine kleine Gruppe von Genen in den Tumorzellen vervielfache sich, werde immer aktiver und verstärke so die Abwehr gegen die Chemotherapie. In der Konsequenz reagiert der Patient zunehmend unempfindlich auf das Krebsmedikament. Sein Tumor wächste anstatt zu schrumpfen.

Genau das verhindert die von Fahrig gefundene Substanz. Sie blockt die Vervielfältigung der Gene ab und sorgt so dafür, dass das Krebsmedikament weiter ungehindert wirken kann. Nachgewiesen hat der hannoversche Wissenschaftler diesen Effekt bislang an Leukämiezellen von Mäusen und bei an Brust- und Hautkrebs erkrankten Ratten. Fahrig konnte einen großen deutschen Pharmakonzern dafür gewinnen, seine Arbeit an unterschiedlich wirkenden Zytostatika zu testen. Erfolgsquote: 100 Prozent - was Fahrig optimistisch stimmt. "Es gibt viele Arzneimittel, die in diesem Stadium nur zu 70 Prozent erfolgreich sind und trotzdem weiter erprobt werden, weil man hofft, dass sie beim Menschen wirken", sagt er. Die Aussichten von BVDU seien erheblich besser.

Die neue Substanz muss sich noch bei Nacktmäusen bewähren, die mit menschlichen Krebszellen infiziert sind. Danach kämen klinische Untersuchungen bei Menschen, die etwa im Jahr 2003 abgeschlossen wären. Einen Antrag für zwei Millionen Mark teures Forschungsprojekt hat Fahrig schon bei der Europäischen Union gestellt. Partner für die Versuche seien Universitäten in Berlin, Würzburg, Wien und ein Pharmakonzern. "Trotzdem kann ich noch scheitern", schränkt der Forscher ein. "Eine Garantie dafür, dass es funktioniert, gibt es nicht." jr