Laborwelt - Verstärkung der Chemosensivität von Tumorzellen
Laborwelt Nr. 3 / 2008 - Verstärkung der Chemosensivität von Tumorzellen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Blitzlicht Krebs

Prof. Dr. Rudolf Fahrig, RESprotect GmbH, Dresden

Die Chemotherapie ist derzeit die Standardtherapie für Krebserkrankungen. Die für die Therapie eingesetzten Zytostatika treiben Tumorzellen in den Selbstmord. Leider ist die erfolgreiche Behandlungsperiode mit den gegenwärtig auf dem Markt befindlichen Zytostatika eist nicht lang genug, um den Tumor gänzlich zu vernichten. Der Tumor entwickelt nämlich Abwehrmechanismen gegenüber der Behandlung; er wird resistent. Die von RESprotect entwickelten Arzneimittel verhindern diese Resistenzbildung von Tumorzellen gegenüber Chemotherapien und erhöhen die Immunabwehr der Patienten. Im Gegensatz zu den seit Jahrzehnten bekannten und meist erfolglosen Versuchen, existierende Chemoresistenzen zu umgehen oder zu mindern, gibt es für diesen technologischen Ansatz weltweit keine Konkurrenz. Das erste von uns entwickelte Arzneimittel RP101 zeigte in Kombination mit Zytostatika in zwei kleinen klinischen Studien mit Bauchspeicheldrüsen-Krebspatienten eine lebensverlängernde Wirkung, welche jene bisheriger Therapien bei weitem übertraf. Darüber hinaus führte die RP101-Behandlung zu keinen schädlichen Nebenwirkungen, wie sie bei Behandlung mit Zytostatika immer zu beklagen sind. Da RP101 potentiell mit jedem Zytostatikum und bei allen Krebsarten wirken sollte, eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Chemotherapie und damit für die Patienten.

 

Die von RESprotect genutzte Technologie, die Chemogenomik, besteht in der Verwendung kleiner Moleküle (small molecules), welche die Expression bestimmter Gene in einer für den Patienten günstigen Weise beeinflussen. Die Konzentration auf bestimmte biologische Prozesswege führt zu einem besseren Verständnis der Wirkung eines Arzneimittels.

Auf diese Weise ist die Entdeckung von Arzneimitteln möglich, deren Wirkung auf die Ursachen und nicht die Symptome einer Krankheit gerichtet ist. Die Arzneimittel von RESprotect werden zusätzlich zur Standard-Chemotherapie verabreicht. Die Chemotherapie beruht darauf, dass Tumorzellen in den Selbstmord (Apoptose) getrieben werden. Hauptproblem der Chemotherapie ist das Auftreten von Chemoresistenz, welche die Apoptose verhindert.

Die RESprotect-Technologie, die Chemogenomik, führt zur Identifizierung von Zielgenen, die an der Entwicklung der Chemoresistenz beteiligt sind.

Unser erstes Arzneimittel RP101 unterdrückt die Überexpression Apoptose-hemmender Gene, die durch die Behandlung mit Zytostatika induziert wird.

RP101-Effekt auf Pankreaskrebszellen

In Pankreaskrebszellen (Bauchspeicheldrüsenkrebszellen) wird das Onkogen, das heißt krebserzeugende Gen STAT3 häufig überexprimiert und durch die Zytostatikabehandlung noch weiter hochreguliert. Hierdurch wird die durch Zytostatika induzierte Apoptose (Selbstmord der Tumorzellen nach Schädigung) verhindert und die Krebszellen zeigen dementsprechend keinerlei Reaktion auf eine Chemotherapie.

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Abb. 1: Wirkung von RP101 auf STAT3-Proteinmenge (1,2 und 3 stellen die Ergebnisse von drei unabhängig durchgeführten Versuchen dar). 

 

 

 

Die RP101-Ko-Behandlung verhindert jedoch die Hochregulierung von STAT3 und dessen Zielgen VEGF und macht die Zellen hierdurch empfindlich gegenüber der Chemotherapie.

Behandlung mit Zytostatika führt in Krebszellen zur Schädigung der Erbsubstanz DNA und treibt die Zelle hierdurch zum Selbstmord. Tumorzellen, insbesondere Pankreaskrebszellen können dem Selbstmord (Apoptose) durch Überexpression des DNA-Reparaturgens APEX/ref-1 entgehen und hierdurch resistent gegenüber der Chemotherapie werden. RP101-Ko-Behandlung verhindert diese Überexpression und erhält auf diesem Wege die Empfindlichkeit der Tumorzellen gegenüber der Zytostatikabehandlung aufrecht.

Spezifisch in Pankreaskarzinomzellen wird durch RP101-Ko-Behandlung die Hochregulierung der Uridin-Phosphorylase (UPase) verhindert.

Die Expression der UPase scheint durch Onkogene, Tumorsuppressor-Gene und Zytokine kontrolliert zu werden, und die Aktivität der UPase ist in Tumoren meist höher als in gesundem Gewebe. Patienten mit erhöhtem UPase-Spiegel haben eine schlechte Prognose.

 

Tab.1: Genregulation in Pankreaskrebszellen als Resultat der RP101-Behandlung - Quantitative real-time PCR 

Genregulation als Resultat
der RP101-Behandlung
Hum. Pankreas-
Adenokarzinom-
Zellinie
RP101 vs. DMSO
Kontrol. (%)
Gemcitabine + RP101
vs. GEM allein (%)
uridine phosphorylase, UPase BxPC-3
AsPC-1
keine Veränderung
hoch 64
runter 66
runter 73
natural killer cell transcript 4,
NK 4, IL-32
CAPAN-2
AsPC-1
hoch 160
hoch 50
hoch 125
hoch 63
lymphotoxin-alpha, LTB
tumor necrosis factor C
CAPAN-2
AsPC-1
hoch 180
hoch 370
hoch 224
hoch 760
lymphotoxin beta, LTA, tumor
necrosis factor beta
CAPAN-2
AsPC-1
hoch 20
hoch 70
hoch 76
hoch 94
tumor necrosis factor LIGHT,
TNFSF14
CAPAN-2
AsPC-1
hoch 10
hoch 30
hoch 85
hoch 200
ICAM-1
CAPAN-2
AsPC-1
hoch 32
hoch 53
hoch 54
hoch 135
VEGF, vascular endothelial
growth factor
CAPAN-2
AsPC-1
runter 37
runter 6
runter 34
runter 27
APEX, ref-1, apurinic
endonuclease
CAPAN-2
keine Veränderung
runter 36

Spezifisch in Pankreaskarzinomzellen werden durch RP101-Ko-Behandlung die Lymphotoxine alpha und beta, das „natural killer cell trancript 4“, der „tumor necrosis factor LIGHT“ und ICAM-1 hochreguliert. Die Produkte dieser Gene erhöhen die Anti-Tumor-Immunität. Die Wirkungen von RP101 in Pankreaskrebszellen auf Genebene finden sich in Tabelle 1.

In Abbildung 2 ist zu sehen, dass Kobehandlung mit RP101 die Wirkung von „killer cells“ erhöht, also einen positiven Einfluss auf die Immunabwehr ausübt. Die gelben Flächen zeigen die durch Abtötung der Tumorzellen entstandenen Lücken im Zellrasen.

Wirkung auf Krebspatienten

In zwei voneinander unabhängigen Phase I/II-Studien mit metastasierten Bauchspeicheldrüsenkrebspatienten wurde RP101 in Kombination mit Gemcitabin, der gegenwärtigen Standardtherapie, sowie mit Gemcitabin + Cisplatin eingesetzt. Diese Ergebnisse wurden kürzlich veröffentlicht1. Die RP101-Ko-Behandlung führte zu einer ungefähren Verdoppelung der medianen Überlebenszeit. Darüber hinaus lebten vier- beziehungsweise fünfmal mehr Patienten mit Fernmetastasen (Stadium IV) ein Jahr oder länger im Vergleich zu den Patienten, die mit Chemotherapie allein behandelt worden waren.

Phase II – Pilotstudie

Dreizehn Patienten mit Metastasen (neun mit Fernmetastasen in Stadium IV und vier mit Nahmetastasen in Stadium III der Krankheit) wurden mit in einer klinischen Phase II-Studie mit Gemcitabin, Cisplatin und RP101 behandelt. 77% der Patiente  mit Fernmetastasen lebte länger als ein Jahr nach Start der Behandlung. Dies bedeutet, dass von den Patienten in Stadium IV viermal mehr ein Jahr überlebten als Patienten, die nur mit Zytostatika behandelt wurden.

Phase II – Dosis-Findungs-Studie

Eine Phase II-Dosis-Findungs-Studie mit 22 metastasierten Patienten wurde in drei Zentren in Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse stimmten mit denen der Pilotstudie überein. Die Ein-Jahres-Überlebensrate betrug 43%.

Alle diese Patienten waren in Stadium IV, hatten also Fernmetastasen (Leber, Lunge etc.). Von diesen Patienten mit der normalerweise geringsten medianen Überlebenszeit erlebten fünfmal mehr ein Jahr als Stadium IV-Patienten der Kontrollgruppe. Die jetzt begonnene klinische Studie schließt aus diesem Grund ausschließlich Stadium IV-Patienten ein.

Es zeigte sich hierbei außerdem die Tendenz, dass sich die Lebensqualität der behandelten Patienten durch RP101-Ko-Behandlung verbesserte. Es konnten keine negativen Nebenwirkungen festgestellt werden. Eine Phase II/III Studie begann im Oktober 2007 in den USA und Europa. Etwa 55 Zentren und 153 Patienten mit Fernmetastasen werden involviert sein.

Tab. 2: Überlebenszeit bei Standardtherapie, in der Dosisfindungs- und Pilotstudie

Therapie 6 Monate
12 Monate
Chemotherapie allein
ohne RP101
45 % 22 %
RP101 + Gemcitabin 71 %
43 %
RP101 + Gemcitabin +
Cisplatin
92 %
77 %

 

Literatur

[1] Fahrig, R., Heinrich, J.C., Nickel, B., Wilfert, F., Leisser, C., Krupitza, G., Praha, C., Sonntag, D., Fiedler, B., Scherthan, H.  and Ernst, H. Cancer Res. 63 (2003) 5745 -5753.
[2] Fahrig, R., Quietzsch, D., Heinrich, J-C., Heinemann, V., Boeck, S., Schmid, R.M., Praha, C., Liebert, A., Sonntag, D., Krupitza, G., and Haenel, M. Anti-Cancer Drugs 17 (2006) 1045-1056.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Rudolf Fahrig
RESprotect GmbH
Fiedlerstr. 34
01307 Dresden
Tel.: +49-(0)351-450-3201
Fax: +49-(0)351-450-3210
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www.resprotect.de

 

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Abb. 2: Wirkung von RP101 auf die zytolytische Aktivität von NK-92-„natural killer
cells“ .
(a) CAPAN-2-Zellen+GEM.
(b) CAPAN-2-Zellen+NK-92-Zellen.
(c) CAPAN-2-Zellen+GEM+NK-92-Zellen.
(d) CAPAN-2-Zellen+GEM+RP101.
(e) CAPAN-2-+RP101+NK-92-Zellen.
(f) CAPAN-2-Zellen +GEM+RP101+NK-92-Zellen.